Letztes Jahr in der Schwangerschaft und auch jetzt insbesondere nach dem Wiedereinstieg in den Arbeitsalltag habe ich mich viel mit dem Thema „New Work“ beschäftigt. Das treibt mich schon eine ganze Weile um und ich hatte unterbewusst schon immer ein Bestreben die Arbeit so für mich zu gestalten, dass sie gut für mich passt. Das bedeutete aber auch: in einem klassischen 9 to 5 Job, der nur im Büro am Schreibtisch stattfand, fühlte ich mich unwohl. Kreativ und abwechslungsreich muss es sein, gerne auch mal mit den Händen arbeiten und raus aus dem Kopf, um hinterher wieder mit neuen Ideen sprudeln zu können. Der Umgang mit Menschen war und ist mir wichtig - egal ob Kunden oder Kollegen. Die Möglichkeit zu haben, diese Prämissen für mich feststellen und auch durch eine aktive Jobwahl festlegen zu können ist definitiv ein Privileg. Vor allem als Frau. Nur in wenigen Bereichen der Welt ist das möglich und auch erst in meiner Generation hat sich das nach und nach so entwickelt. Vorher waren die Lebensläufe sehr strikt festgelegt. Dafür bin ich sehr dankbar, das hat aber auch immer einen gewissen Druck erzeugt. Das bestmögliche rausholen, den perfekten Job finden. Oder eben auch für mich selbst kreieren. Geht das überhaupt? Und was ist diese Arbeit dann wert? Einige spannende Ansätze auf die ich gestoßen bin möchte ich in diesem Artikel gerne mit euch teilen.
Die aktuelle Situation am Arbeitsmarkt ist durchaus dramatisch.
Überall wird vom Fachkräftemangel gesprochen. Doch warum fehlen am Arbeitsmarkt in Deutschland so viele Menschen? Oder ist es alles gar nicht so schlimm? Doch, es ist schlimm! Und es wird noch schlimmer! In vielen Bereichen fehlt Personal und das merken wir auch im Alltag. Die Öffnungszeiten werden reduziert, nicht nur im Gastgewerbe, auch im Einzelhandel und bei den Ärzten. Die Wartezeiten verlängern sich, was beim Essen am Abend noch verschmerzbar sein mag, im Krankenhaus oder bei wichtigen Terminen jedoch oft lebensentscheidend ist.
Das das so ist, liegt an verschiedenen Faktoren, wie die ZDF Reportage "Mitarbeiter gesucht" gut aufzeigt. Zum einen gehen jetzt immer mehr Menschen aus der sogenannten Boomer-Generation in Rente. Die fehlen mehr und mehr, denn so viele kommen nicht nach. Denen, die diese Lücken gegebenenfalls füllen könnten wird es oft aber unnötig schwer gemacht. So beispielsweise Langzeitarbeitslosen, Migranten und Familien mit Kindern. Die passenden Angebote fehlen, die Anpassung des Arbeitsmarktes dauert zu lange. Dazu kommt die Generation Z, die sich eben auch gar nicht mehr so aufarbeiten will, wie ihre Eltern und Großeltern. Sie wollen nicht nicht arbeiten, aber anders. Es herrscht also ein regelrechter Clash in dem was der Markt bietet und dem, was an Bedürfnissen besteht.
Arbeit verändert sich - und das ist für uns alle von Vorteil.
Das vorausgeschickt ist es sehr spannend zu sehen, dass sich nach und nach eben doch etwas tut. Weil es muss! Wenn wir die Art zu arbeiten hinterfragen und uns öffnen für neue Ideen, neue Herangehensweisen, ist vieles möglich. Dazu zeigt die ZDF Reportage ebenfalls ein paar tolle Beispiele. Wie der Maurerbetrieb, der mit einem flexiblen Arbeitsstart um 7 oder um 8 Uhr, sowie einer 4-Tage-Woche, gleich zwei Probleme beheben konnte: den Mitarbeitermangel und somit auch die Möglichkeit Aufträge für Kunden schneller zu bearbeiten. Oder auch der Bäckerbetrieb, der eine Tagschicht anbietet, um so mehr Mitarbeitende zu gewinnen. Ich finde diese Ansätze großartig und frage mich manchmal, wer das überhaupt festgesetzt hat, das es eben beim Bäcker immer alles bereits um 6.30 Uhr frisch in der Theke braucht. Und etwas, das abends um 8 Uhr fertig gebacken war ist jetzt auch nicht wirklich älter als das was wir heute abends vor Ladenschluss kaufen.
Das gewisse Quäntchen Glück
Jede:r ist des eigenen Glückes Schmied… nein, Glück ist der entscheidende Faktor für Erfolg und Geld.
Lange habe ich gehadert, ob ich mich einfach nicht genug anstrenge, ob ich es einfach selbst nicht genug will. In Zeiten von Manifestation und Influencer Selfmade Millionären ist schließlich alles möglich und das für jede:n! Oder etwa doch nicht? Ja, das ein oder andere Mal stehe ich mich sicher selbst im Weg. Aber alles in allem habe ich bereits viel geschafft. Mit den gegebenen Voraussetzungen konnte ich schon viele Erfolge verzeichnen. Ich habe Abitur gemacht und studiert - Bachelor und Master, habe eine Zeit im Ausland gelebt (Irland und Neuseeland) und bin seit der Studienzeit viel gereist. Im Anschluss habe ich verschiedene Jobs ausprobiert und dabei auch immer ganz ordentlich verdient. Ich wohne mitten in München und kann mir hier weitestgehend das Leben leisten, das ich mir wünsche (Immobilienwünsche & Co. nicht eingerechnet, es ist immer noch München ;-) ). Trotzdem vergleiche ich mich auf Instagram und Co. unterbewusst eben immer mit denen, die noch weiter und erfolgreicher sind. Das ist durchaus so gewollt, denn der Kapitalismus und auch das Patriarchat wollen genau das. Das wir immer weiter nach oben und nach mehr streben. Und glauben, dass wir es auch schaffen können. Denn damit identifizieren wir uns eher mit denen, die ganz oben sind und nicht mit denen die in Armut leben. Obwohl wir hier realistischerweise viel näher dran sind. Bloß kein Aufbegehren der Masse riskieren und sie immer schön mit noch mehr Träumen und Utopien füttern. Grundsätzlich ist tatsächlich alles möglich, denn es gibt sie ja immer wieder, die Erfolgsgeschichten vom Tellerwäscher zum Millionär. Aber es ist die Ausnahme! Neben einem oft eisernen Willen und einer guten Idee braucht es eben auch das gewisse Quäntchen Glück. Glück die passenden Menschen zu treffen und beispielsweise einen passenden Investor zu finden, Glück grade den richtigen Nerv zu treffen und viral zu gehen, Glück bereits mit Geld im Rücken aufgewachsen und damit eine bessere Ausgangsposition zu haben. Ich will damit nicht sagen, dass es sich nicht lohnt, sich anzustrengen, um die eigenen Träume zu verwirklichen, ganz im Gegenteil! Aber es ist wichtig die eigenen Erfolge zu sehen ohne sie dabei immer gleich relativieren zu wollen. Und nicht zu verzweifeln, wenn der erwünschte Durchbruch bei einem selbst nicht so klappt wie geplant.
Zusammen an einer neuen (Arbeits-)Welt arbeiten.
Daran führt kein Weg vorbei und ich glaube, dass wir, wenn wir es gut hinbekommen, alle davon profitieren werden. Als Einzelperson und auch als Gesellschaft. Natürlich muss es dabei auch um die Rahmenbedingungen gehen. Der Wert von Arbeit muss aus meiner Sicht neu gedacht werden. Nicht nur die Auflösung von unterbezahlter Care-Arbeit, sondern auch Ansätze wie ein Grundeinkommen finde ich spannend. Und wenn wir dann noch KI sinnvoll einsetzen können, um zu entlasten und den ein oder anderen Bullshit-Job ganz wegfallen zu lassen, dann wären wir doch auf einem guten Weg, oder? Das könnte auch mehr Zeit bedeuten - für Familie, für Ehrenamt, für Gesellschaft und Zusammenwachsen. Vielleicht bin ich da zu optimistisch oder jage einer Utopie hinterher… Aber mit genügend Visionen und Visionären geht es hoffentlich zumindest mit kleinen Schritten in diese Richtung.
Wer sich jetzt noch mehr ins Thema vertiefen will, hier meine Empfehlungen:
Podcast Feel the news „Wir nannten es Arbeit“
ZDF Reportage „Mitarbeiter gesucht“
ZDF Reportage „Deutschlands Millionäre packen aus“
Sparring Express im Interview mit Elly Oldenbourg „In welcher Welt wollen wir leben und arbeiten“
Netflix Doku "Working" von und mit Barack Obama (recht amerikanisch, aber trotzdem interessant)
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